Die Hira-gata Chawan gehört zu den klarsten, offensten und dabei elegantesten Schalenformen in der japanischen Teezeremonie. Ihr Name setzt sich aus „Hira“ (平), was „flach“ oder „eben“ bedeutet, und „gata“ (形), Form, zusammen. Sie ist die Schale des Sommers – weit geöffnet, hell, atmend. In ihrer Form liegt die Einladung zur Leichtigkeit.
Form & Proportion
Die Hira-gata ist deutlich flacher als die meisten anderen Chawan. Ihr Durchmesser ist groß, ihre Wandung niedrig, der obere Rand ist meist leicht nach außen gezogen. Die Innenfläche ist beinahe horizontal, was der Schale einen ruhigen, weiten Charakter verleiht.
Diese weite Fläche erlaubt eine sehr gleichmäßige Verteilung des Teeschaums bei Usucha. Gleichzeitig kühlt der Tee schneller ab – eine Eigenschaft, die besonders in den heißen Monaten als angenehm empfunden wird.
Historischer Hintergrund
Die Hira-gata entwickelte sich als spezifische Sommerform in der späten Edo-Zeit (18.–19. Jh.). Sie wurde besonders in Kyoto und Seto von Keramikmeistern eingeführt, die mit saisonalen Stimmungen experimentierten. Die Idee war, die Form der Schale nicht nur funktional, sondern auch atmosphärisch an die jeweilige Jahreszeit anzupassen – ein zentrales Element des Teewegs.
Im Kontrast zur hohen, zylindrischen Tsutsu-gata für den Winter symbolisiert die flache Hira-gata den offenen Himmel, das Licht, das Atmen. In Sommerzeremonien im Freien oder bei geöffnetem Chashitsu wird sie bevorzugt verwendet.
Glasur & Herstellung
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Beliebt sind helle Glasuren wie Ao-Hagi (bläulich), Shino (cremefarben mit Eisenflecken) oder Kohiki (weiße Engobe mit Transparenz)
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Häufig gefertigt in Seto, Mashiko oder modernen Werkstätten in Gifu
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Die Oberflächen sind meist glatt, glänzend oder leicht craqueliert – passend zum leichten Charakter der Schale
Der Kōdai (Fußring) ist meist flach und breit, manchmal leicht eingerollt, um die Stabilität trotz der geringen Höhe zu gewährleisten.
Funktion & Einsatz
Die Hira-gata ist idealerweise für Usucha geeignet. Der weite Innenraum ermöglicht luftiges, schnelles Schlagen. Der flache Aufbau sorgt dafür, dass der Schaum schön sichtbar bleibt – ein ästhetischer Genuss.
Ihre Offenheit hat aber auch eine rituelle Komponente: Sie zeigt den Inhalt, lässt nichts im Verborgenen – eine Haltung, die mit Sommer, Gastfreundschaft und Transparenz assoziiert wird.
Typische Einsatzsituationen:
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Sommer-Teezeremonien, oft mit floralen Chabana
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Im Chashitsu bei geöffnetem Shōji (Papierschiebetür)
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Bei informellen Zusammenkünften mit leichter Atmosphäre
Symbolik & Wirkung
Die Hira-gata steht für Offenheit, Leichtigkeit und das Sichtbare. Sie ist der Gegensatz zur Tiefe der Sugi-nari oder Tsutsu-gata. Sie lädt dazu ein, Matcha nicht nur zu trinken, sondern mit dem Blick zu erfassen – flach, ruhig, klar.
Sie passt zum japanischen Begriff “hare” (晴れ) – heiteres Wetter, öffentlicher Moment, freundliche Präsenz. In ihr schwingt die Schönheit eines sommerlichen Morgens.
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