Japanische Keramik

Dojimari-gata Chawan – Die Schale der Sammlung und Konzentration

Dojmari-gata-Chawan

Die Dojimari-gata Chawan ist wie eine stille Bewegung nach innen. Ihr auffällig verengter Rand umschließt den Tee, fast wie schützend – ein architektonisches Zeichen für Zurückgezogenheit und Konzentration. „Dojimari“ (胴締まり) bedeutet wörtlich „am Körper verengt“ oder „in der Mitte zusammengeschnürt“, wobei „dō“ den Rumpf bzw. Bauch der Schale beschreibt und „shimaru“ das enge Zusammenlaufen.

Diese Schale steht sinnbildlich für einen Moment der Verdichtung, der Sammlung, wie er im Teeweg oft angestrebt wird – besonders bei Koicha-Zeremonien oder in sehr stillen Kontexten.

Form & Aufbau

Die Dojimari-gata hat einen bauchigen Körper, der nach oben hin deutlich verengt zuläuft. Der Rand ist geschlossen, fast wie ein Kragen, was den Blick in die Schale einschränkt und zugleich fokussiert. Diese Konstruktion reduziert die Öffnung, wodurch das Aroma im Inneren gehalten und die Wärme gespeichert wird.

Die Form ist zugleich funktional und psychologisch wirksam: Sie lenkt die Aufmerksamkeit nach innen – auf den Tee, den Moment, die Stille.

Herkunft & historische Entwicklung

Die Dojimari-gata entwickelte sich als bewusste Gegenform zur offenen Hira-gata und wurde besonders in den Schulen des Wabi-cha geschätzt. In der späten Muromachi- und frühen Edo-Zeit (16.–17. Jh.) wurde sie in Kyotoer Werkstätten entwickelt, insbesondere im Raku-Yaki.

Berühmte Teemeister wie Sen no Rikyū bevorzugten diese Form für bestimmte Zeremonien, bei denen Sammlung, Reduktion und formelle Struktur betont wurden. Sie galt auch als besonders geeignet für den Empfang von Ehrengästen, bei denen die tiefste Form der Aufmerksamkeit und Konzentration gezeigt werden sollte.

Herstellung & Glasur

Die Dojimari-gata wird bevorzugt in Raku-Keramik gefertigt, da diese Brennweise subtile, handgeformte Modulationen erlaubt. Auch in Shigaraki, Karatsu und modernen Mino-Werkstätten gibt es Variationen.

Typische Merkmale:

  • Dunkle, matte Glasuren, etwa Kuro-Raku oder rustikale Oribe

  • Häufig leichter Ascheanflug oder Pinselführung sichtbar

  • Der Ton ist oft grobkörnig, die Glasur eher unregelmäßig – was zur organischen Wirkung der Form beiträgt

Der Kōdai (Standfuß) ist meist leicht nach innen gezogen, oft mittelhoch. Seine Funktion ist nicht nur statisch – er verleiht der Schale die nötige Stabilität, um trotz ihrer Kopflastigkeit sicher zu stehen.

Praktischer Einsatz

Die Dojimari-gata ist eine klassische Schale für Koicha, den dickflüssigen Matcha. Die geringe Öffnung reduziert die Oberflächenverdunstung, während der tiefe Bau den konzentrierten Geschmack hält.

Typische Einsatzkontexte:

  • Formelle Koicha-Zeremonien

  • Zweier-Zeremonien mit besonderem Fokus auf Sammlung

  • Bei Verwendung von besonders hochwertigem Tencha, der durch die geschlossene Form in Duft und Geschmack konzentriert zur Geltung kommt

Symbolik & Wirkung

Diese Schale symbolisiert Verdichtung, Sammlung, Rückkehr zum Wesentlichen. Sie ist kein Objekt des Austauschs, sondern der Kontemplation. Ihr Bau schafft eine stille Intimität – zwischen Tee und Trinker, aber auch zwischen Gastgeber und Gast.

In der japanischen Ästhetik wird sie dem Prinzip “sei” (静) zugeordnet – der Stille, nicht als Abwesenheit, sondern als vollkommene Präsenz im Moment.

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