Japanische Keramik

Suhama-gata Chawan – Die Schale wie eine Küstenlinie

Suhama-Gata Chawan

Die Suhama-gata Chawan ist ein poetisches Gefäß. „Suhama“ (州浜) bezeichnet in der japanischen Landschaftsgestaltung eine künstlich angelegte Küstenlinie – mit flachem Verlauf, geschwungenem Ufer und wechselnder Kontur. Diese Idee hat sich als Formmerkmal auf eine besondere Art von Matcha-Schalen übertragen: die Schale mit dem natürlichen, asymmetrischen Rand.

Sie ist wie ein Stück Landschaft in der Hand – eine Einladung zur Betrachtung und zum achtsamen Umgang mit Form, Raum und Tee.

Form & Charakteristik

Die Suhama-gata zeichnet sich durch einen leicht unregelmäßigen Randverlauf aus, der an eine Küstenlinie erinnert. Im Gegensatz zur perfekten Kreisform vieler Chawan besitzt sie eine subtile Asymmetrie, oft mit einem leichten „Einzug“ oder „Ausbruch“ an einer Stelle.

Der Korpus ist eher flach bis halbtief, mit offener Wandung. Diese organische Unregelmäßigkeit verleiht ihr einen natürlichen, fast zufälligen Ausdruck – so, als hätte Wind und Wasser die Schale geformt.

Herkunft & Bedeutung

Die Form entstand vermutlich in der späten Edo-Zeit, inspiriert von Gärten der aristokratischen Residenzen in Kyoto, in denen „Suhama“ als stilistisches Element zur Gestaltung von Teichufern oder Trockenlandschaften diente.

Der Übergang dieser Idee auf die Matcha-Schale entstand aus dem Wunsch, die Verbindung zur Natur nicht nur im Tee selbst, sondern auch in seinem Gefäß auszudrücken.

Suhama-gata Chawan wurden oft bei Sommer- oder Spätfrühlings-Zeremonien verwendet, in denen eine stärkere Nähe zur Außenwelt, zur Wärme und zum Wasser gesucht wurde.

Materialien & Glasur

Diese Form eignet sich besonders für freier gestaltete Brennverfahren, z. B. in:

  • Bizen-ware mit Naturascheglasur

  • Shino- und Ki-Seto-Stilen mit sandfarbenen und cremeweißen Glasuren

  • Moderne Keramiken mit strukturierter Oberfläche oder Kantenakzent

Die Glasuren betonen meist das Unregelmäßige, das Unvollkommene – im Sinne von Wabi-Sabi. Manche Suhama-Schalen weisen auch bewusste Risse, asymmetrische Kōdai oder eingerollte Ränder auf.

Funktion & Praxis

Suhama-gata Chawan eignen sich besonders für Usucha, da der weite Innenraum das Aufschlagen erleichtert. Durch die sanfte Asymmetrie erhält der Akt des Trinkens eine leichte Richtungsführung – der Gast neigt sich automatisch zur offenen Seite.

Typische Einsatzmomente:

  • Zeremonien mit starkem Naturbezug

  • Sommerliche Settings, auch im Freien

  • In Kombination mit Chabana aus Gräsern, Farn oder Küstenblüten

Symbolik & Wirkung

Die Suhama-gata steht für Offenheit, Wandel und die Schönheit des Unvollkommenen. Sie erinnert an einen Küstenstreifen, an Erosion, an Gezeiten – an das, was vergeht und wiederkehrt.

Im Teeweg symbolisiert sie das Geschenk der Unregelmäßigkeit: Sie lädt dazu ein, das Flüchtige zu ehren, das Nicht-Perfekte wertzuschätzen.

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