Die Tsutsu-gata Chawan ist die Form der Konzentration. Ihr hoher, zylindrischer Aufbau verleiht ihr eine gewisse Strenge, eine sammelnde Würde. „Tsutsu“ (筒) bedeutet Röhre oder Zylinder – ein Begriff, der auf ihre aufrechte, vertikale Gestalt verweist. Doch was trocken technisch klingt, birgt eine tiefe, stille Schönheit.
Diese Schale wurde nicht für den schnellen Genuss geschaffen. Sie verlangt Aufmerksamkeit, führt den Blick in die Tiefe und schafft durch ihre Form ein kleines, geschlossenes Universum für den Tee.
Form & Proportion
Die Tsutsu-gata ist deutlich höher als andere Chawan und besitzt eine relativ enge Öffnung. Die Wandung verläuft meist gerade oder leicht konisch nach innen, sodass die Hitze sehr gut im Inneren gehalten wird – eine Eigenschaft, die sie zur bevorzugten Wahl für Teezeremonien im Winter macht.
Der innere Boden ist tief, das Volumen aufrecht verteilt. Beim Trinken entsteht eine gezielte Bewegung nach unten, fast wie ein meditativer Vorgang.
Historische Entwicklung
Die Tsutsu-gata fand ihren Weg in die japanische Teekultur während der späten Muromachi-Zeit (15. Jh.) und wurde besonders in der Edo-Zeit von bestimmten Tee-Schulen gepflegt. Sie galt als besonders geeignet für formelle Winter-Zeremonien, bei denen Ruhe, Fokus und Konzentration im Mittelpunkt standen.
Ihre Gestalt steht in enger Verbindung mit der Philosophie des Wabi-cha: Reduktion auf das Wesentliche, Stille statt Ausschmückung, Tiefe statt Breite.
Materialien & Glasur
-
Häufig gefertigt in Raku-Werkstätten, besonders als Kuro-Raku mit tiefschwarzer Glasur
-
Auch Varianten aus Shino oder Oribe-Keramik mit zurückhaltenden Glasuren sind bekannt
-
Der Scherben ist oft dickwandig, was der Schale zusätzliche Schwere und Wärmespeicherung verleiht
Der Fuß (Kōdai) ist zentriert und meist leicht hochgezogen, stabil und unprätentiös.
Verwendung in der Praxis
Die Tsutsu-gata eignet sich primär für Koicha, da ihre Form die Wärme konzentriert und das Trinkerlebnis in einem ruhigen, geschlossenen Rahmen hält. Für Usucha wird sie seltener verwendet, da der enge Raum das Aufschäumen erschwert.
Typisch ist ihre Verwendung:
-
in kalten Monaten
-
in formellen Zeremonien mit kleinem Gästekreis
-
in dunklen, reduzierten Teeräumen mit Fokus auf die Essenz des Moments
Symbolik & Wirkung
Diese Schale steht für Tiefe, Rückzug und Sammlung. Sie ist kein Objekt der Zurschaustellung, sondern des Innehaltens. In ihr verdichten sich Raum und Zeit – sie gibt nichts preis, was nicht bewusst betrachtet wird.
Hinterlasse einen Kommentar
Diese Website ist durch hCaptcha geschützt und es gelten die allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutzbestimmungen von hCaptcha.