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Sansho – Japans zitronig-scharfer Pfeffer mit betäubender Leichtigkeit

Sansho – Japans zitronig-scharfer Pfeffer mit betäubender Leichtigkeit

Wer ihn einmal auf der Zunge gespürt hat, vergisst ihn nicht so schnell: Sansho, der japanische Bergpfeffer, kitzelt nicht nur mit Schärfe, sondern mit einem einzigartigen Prickeln – als würde ein frischer Zitronenhauch in feine Stromstöße übergehen. Dieses Gewürz ist eines der ältesten Japans – und gleichzeitig eines der unterschätzten.

Was ist Sansho?

Botanisch gesehen gehört Sansho (山椒) nicht zur Familie der Pfeffergewächse, sondern zur Gattung Zanthoxylum, genau wie der bekanntere chinesische Sichuanpfeffer. Beide sind eng verwandt, unterscheiden sich jedoch in Aroma und Intensität. Sansho wächst an einem kleinen, dornigen Strauch, der im japanischen Bergland heimisch ist. Verwendet werden vor allem die getrockneten grünen oder braunen Schalen der reifen Früchte – diese enthalten das markante ätherische Öl „Sanshool“, das für das charakteristische Kribbeln auf Lippen und Zunge sorgt.

Typisch für Sansho ist seine zitrusartige Frische – irgendwo zwischen Yuzu, Limette und Kampfer – kombiniert mit einer milden, fast kühlenden Schärfe. Dieses Aromaspiel macht ihn einzigartig – und für viele westliche Gaumen ungewohnt faszinierend.

Eine alte Geschichte: Sansho in der japanischen Küche

Sansho gehört zu den ältesten dokumentierten Gewürzen Japans. Bereits im 8. Jahrhundert wurde er in historischen Texten wie dem „Nihon Shoki“ erwähnt – damals sowohl als Würzmittel als auch als Heilpflanze. Er galt als verdauungsfördernd, wärmend und belebend.

In der traditionellen Küche findet man Sansho vor allem in zwei Formen:

  • Gemahlen als Pulver (kona-zansho) – meist über fettreiche Gerichte wie Aal (Unagi), Huhn oder Schwein gestreut

  • In den berühmten Shichimi-Togarashi-Gewürzmischungen – als zitrusfrische, prickelnde Komponente
    Auch die jungen Blätter, „Kinome“ genannt, werden verwendet – etwa für Miso-Pasten, Dressings oder zur Garnitur von Frühlingsgerichten.

Die Herkunft – wo Sansho wächst

Sansho wächst wild in den waldreichen, bergigen Regionen Japans – besonders in der Präfektur Wakayama, die bis heute als Hochburg des Anbaus gilt. Dort entstehen auf kleinen Familienbetrieben echte Qualitätsprodukte, oft noch in Handarbeit geerntet und verarbeitet. Der Erntezeitpunkt ist entscheidend: Für die zart zitronige Note werden die Früchte grün und unreif geerntet, für ein intensiveres Aroma lässt man sie reifen und dunkel werden.

Heute bemühen sich einige Bio-Farmen darum, Sansho wieder stärker in den Fokus zu rücken – als regionales Supergewürz mit Geschichte und Charakter.

Wie schmeckt Sansho?

Sansho ist kein Pfeffer im klassischen Sinne. Seine Schärfe ist nicht beißend, sondern subtil. Was ihn auszeichnet, ist die Kombination aus:

  • Zitrusfrische – besonders im grünen Stadium

  • Leicht bitterer Tiefe – bei reifen Schalen

  • Elektrisierender Taubheit – ein prickelndes Mundgefühl

  • Leichtigkeit – ideal zu fettreichen Speisen, da er diese elegant ausbalanciert

Sansho passt nicht nur zur japanischen Küche. Auch in moderner Fusionsküche gewinnt er an Bedeutung – etwa in Schokoladendesserts, zu Käse oder in Cocktails. Und wer einmal ein weiches Ei mit einem Hauch Sansho und Butter probiert hat, weiß: Manchmal braucht es nicht viel, um überrascht zu werden.

Sansho heute – Rückkehr eines alten Gewürzes

In Japan erlebt Sansho gerade eine kleine Renaissance. Junge Köche entdecken das Gewürz neu, experimentieren mit Anwendungen jenseits der Klassiker. Auch in Europa wächst das Interesse – nicht zuletzt durch die Neugier auf authentische, natürliche Aromen abseits von Chili und schwarzem Pfeffer.

Die Herausforderung: Guter Sansho ist rar. Er verliert schnell an Aroma, wenn er zu heiß oder zu schnell getrocknet wird. Deshalb kommt es auf schonende Verarbeitung und frische Lagerung an – ein Grund, warum hochwertige Produkte meist von kleinen Erzeugern stammen.

Sansho ist kein lautes Gewürz – aber ein eindrückliches. Mit seiner zarten Schärfe, dem zitronigen Charakter und dem leichten Kribbeln auf der Zunge erzählt er von alten Bäumen in Japans Bergwäldern, von jahrhundertealter Küchenkunst und vom Mut, Neues zu probieren.

Er ist kein Ersatz für Pfeffer – sondern eine eigene Welt. Eine, die man erkunden kann. Mit Neugier. Und mit offenem Gaumen.

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