Wenn in der japanischen Küche Schärfe gefragt ist, fällt ein Name fast immer: Togarashi. Doch was genau ist das eigentlich? Ein Chili? Eine Gewürzmischung? Oder beides? Die Antwort ist ebenso vielfältig wie der Geschmack dieser traditionsreichen Zutat – und genau das macht Togarashi so spannend.
Was bedeutet „Togarashi“?
Der Begriff „Togarashi“ (唐辛子) bedeutet wörtlich „chinesischer Pfeffer“ und ist der japanische Name für Chili im Allgemeinen. Ursprünglich kamen Chilis – wie so viele Pflanzen – nicht aus Japan, sondern aus Mittel- und Südamerika. Über Handelsrouten gelangten sie im 16. Jahrhundert nach Asien, zunächst nach China, dann Korea, schließlich Japan. Dort wurden sie zunächst als Heilmittel und Zierpflanze geschätzt, bevor sie ihren festen Platz in der Küche fanden.
Wenn also in Japan von „Togarashi“ die Rede ist, kann damit ganz allgemein Chili gemeint sein – zum Beispiel bei „Ichimi Togarashi“, dem reinen gemahlenen Chili. Viel bekannter ist jedoch die Gewürzmischung „Shichimi Togarashi“ – das „siebenfache Togarashi“.
Was ist Shichimi Togarashi?
„Shichimi“ bedeutet „sieben Aromen“ – und genau das ist das Konzept hinter dieser Gewürzmischung: sieben Zutaten, die zusammen ein komplexes, ausbalanciertes Aromabild ergeben. Jede Region und jeder Hersteller hat dabei leicht unterschiedliche Rezepte, aber die Grundbestandteile sind meist ähnlich:
-
Gemahlener Chili (Togarashi) – die Basis, für Schärfe und Farbe
-
Sansho (japanischer Szechuanpfeffer) – zitrusfrisch, leicht betäubend
-
Schwarzer oder weißer Sesam – nussig und weich
-
Geröstete Orangenschale oder Yuzu-Zeste – für fruchtige Frische
-
Ingwerpulver – wärmend und würzig
-
Nori- oder Aonori-Algen – ein Hauch Umami
-
Hanaguruma (Hanf- oder Mohnsamen) – nussiger Kontrast
Die genaue Zusammensetzung kann variieren, was dem Togarashi eine enorme Vielfalt verleiht. In Kyoto etwa ist die Mischung oft milder und zitrusbetonter, während sie in Edo (heute Tokio) traditionell schärfer und herzhafter ist.
Woher stammt Togarashi?
Die Geschichte von Togarashi beginnt im 17. Jahrhundert – zur Edo-Zeit. Der Legende nach wurde Shichimi Togarashi erstmals in den Straßen von Edo (dem alten Tokio) verkauft, unweit des berühmten Sensō-ji-Tempels in Asakusa. Händler boten dort ihre eigenen, individuell gemischten Gewürze an, um den Geschmack der einfachen Straßenküche zu verfeinern.
Eine dieser Gewürzmühlen, Yagenbori, existiert noch heute – seit 1625. Sie gilt als eine der ältesten Produzentinnen von Shichimi Togarashi. Andere berühmte Traditionsbetriebe wie Shichimiya Honpo in Kyoto, in der Nähe des Kiyomizu-dera-Tempels, bewahren ebenfalls jahrhundertealtes Wissen rund um die Kunst der Mischung.
Warum ist Togarashi so beliebt?
Togarashi ist mehr als scharf. Es bringt Aromen ins Gleichgewicht: Hitze, Frische, Tiefe, Frucht und Nuss. Genau das macht es so vielseitig. In Japan wird es gestreut über:
-
Suppen wie Ramen oder Miso
-
Reisgerichte und Donburi
-
Gegrillte Fleisch- oder Fischspieße (Yakitori)
-
Tempura oder Udon
-
Oder ganz einfach: ein Onigiri mit etwas Togarashi – und fertig ist ein vollmundiger Snack
Und auch außerhalb Japans findet die Mischung zunehmend Liebhaber: auf geröstetem Gemüse, in Marinaden, über Avocadobrot oder sogar im Popcorn.
Togarashi heute – zwischen Tradition und Moderne
Heute gibt es Togarashi-Mischungen in vielen Varianten: klassisch, bio, mit ungewöhnlichen Zutaten wie getrockneter Shiso, fermentiertem Knoblauch oder Yuzu-Kosho. Einige Manufakturen rösten die Zutaten leicht an, andere mahlen sie gröber für mehr Textur.
Spannend ist auch der Blick über die Landesgrenzen: In Europa – auch bei uns – beginnen kleine Erzeuger damit, Togarashi nach japanischem Vorbild neu zu interpretieren. Mit regionalen Chilis, Wildkräutern oder eigenen Röstverfahren entsteht eine Brücke zwischen Kulturen – scharf, aber subtil.
Togarashi ist ein Gewürz mit Geschichte, Charakter und Vielfalt. Es verbindet japanische Aromenphilosophie mit einer Prise Feuer – und bringt das perfekte Gleichgewicht zwischen Würze, Frische und Tiefe. Ob als Klassiker aus Asakusa oder als kreative Neuinterpretation aus Brandenburg: Wer einmal echtes Shichimi Togarashi probiert hat, versteht, warum diese Mischung seit Jahrhunderten ihren Platz in der Küche behauptet – und immer wieder neu begeistert.
Laisser un commentaire
Ce site est protégé par hCaptcha, et la Politique de confidentialité et les Conditions de service de hCaptcha s’appliquent.